Unterwegs im Magicbus

Das Unmögliche nicht ausschließen

Die Mädels bei uns im Zimmer haben wohl nicht allzu gut geschlafen. Wohl weil einer des nachts laut geschnarcht hat: ich.
Mit roten Augen beginnen sie den Tag, meine Nacht hingegen war einigermaßen erholsam. Desolé Mädels. Es war wirklich nicht extra. Mit Scham bin ich schnell aus dem Bett, auf dem Weg nach unten in die Küche.

Dort wuselt bereits die Rädelsführerin der sechs Österreicher, die am Abend noch die gesamte Bude unterhalten haben.
Bester Eisbrecher am Abend: mein Einwand, dass ich mal einen Liebhaber in Salzburg hatte. Fanden alle super, is eh kloar.

Die Rädelsführerin ist bestens ausgeschlafen und bereit für den nächsten Wandertag. Sie hat den Pilgermarsch für alle sechs vorbereitet. Vor sechs Monaten bereits alles gebucht.
Jetzt gießt sie mit Schmackes sechs Kaffee in sechs Tassen. Obwohl außer ihr und mir noch keiner da ist. Die Kanne ist leer, bevor der Tag überhaupt angefangen hat. Also setze ich erstmal einen weiteren Kaffee auf.

Im Nieselregen geht’s weiter. Chouchou freut sich: „Letzter Pilgertag“. Nee, nicht ganz. Es sind tatsächlich noch zwei, aber ein Ende ist absehbar.

Wegen des Dauerregens steht ein Großteil des Wegs lecker unter Wasser. Hier heißt es mal wieder: Matschwaten vom Feinsten. Das beste Equipment wären —statt Wanderschuhen— wohl Langlaufskier. Die Stöcke hätten wir ja schon.
In den nächsten Stündchen treffen wir mehrere Leute, die sich langgelegt haben. Ein Wunder, dass es uns noch nicht passiert ist. Ein Wunder, dass Chouchous Mütze trotzdem so eingesaut ist, als hätte er versucht, mit dem Kopf zu kegeln.

Gegen späten Vormittag hört der Regen auf. Sonne und Wolken über einem Heidi-Szenario, auch die Häuschen sehen mittlerweile immer almartiger aus.
Im nächsten Dorf kommen wir zeitlich passend zum Schafauftrieb. Große Liebe für diese tollen, braven Tierchen.
Mehrere Rotmilane versuchen Feldmäuse aus den Löchern zu pfeifen, Kühe auf Bergweiden. In einer unserer Pausen lege ich mir einen Fliegenzirkus zu und dressiere ihn in kürzester Zeit zum erfolgreichsten FliegenHürdenflugZirkus der Welt.
Dann sind wir auch schon da:
St Jean Le vieux, 4km vor dem sagenumwobenen St Jean Pied de Port, dem Ende der Via Podiensis.

Wir checken in das letzte Etablissement ein, das noch ein Zimmer frei hatte: das Hotel Mendy. Hierhinter ist seit Monaten bereits alles ausgebucht. Der Run auf den Jakobsweg funktioniert bei den allermeisten spontan nicht mehr. Oder nicht mehr spontan. Stichwort: Halbpension mit Frühbucherrabatt. Wir haben uns nach 666km plus 7 noch immer nicht daran gewöhnt.

Im Hotel Mendy hat auch die Rädelsführerin gebucht. Drei Zimmer, sechs Leute, vor sechs Monaten. Fröhlich winkend nehmen sie uns in der Bar in Empfang:
Jo mei, ihr auch hier!? Ohne Reservierung?
Jo mei. So schauts wohl aus.
Ge super is des. Leiwand.
So is es wohl.

Dies wird also der letzte Abend auf unserem Jakobsweg sein. Bis ans Ende der Via Podiensis.
Viele Gedanken haben wir uns zu diesem Weg gemacht. Darüber und darauf. Viele davon sind sind noch lange gesackt, geschweige denn verarbeitet.

Ob dieser Weg nun etwas Magisches hat?
Wer weiß es schon?
Wen auch immer ich auf dieser Etappe gefragt habe: er oder sie war sich stets sicher. Ich bin es bis heute nicht und muss es auch nie sein.

Manchmal reicht es vielleicht, sich an den Möglichkeiten und Zeichen zu erfreuen.
Heute Abend gab es einen ewigen Regenbogen: 30 Minuten in allen Farben — manchmal zu zweit, manchmal alleine.
Manchmal reicht es vielleicht, sein Herzchen offen zu halten und das Unmögliche zumindest nicht auszuschließen. Weich zu bleiben, berührbar und empfänglich.
Möglicherweise ist sie auch das: diese wahre Magie!?
Wer weiß es schon?

2 Kommentare

  1. Souvanna

    Bravo et félicitations, ce fut un plaisir de vous rencontrer en début de chemin et de lire la fin de vos aventures sur le Blog ! Bonne chance et succès pour la suite !

    • Die Globetrottels

      Cher Souvanna,

      C’est tellement agréable de savoir que tu as marché avec nous dans le cœur. La prochaine fois, nous nous rencontrerons une deuxième fois, ce serait bien.

      Que le chemin continue à vous offrir.

      Vos globe-trottels

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