Unterwegs im Magicbus

Monat: April 2023

Dem Chouchou seine BestOldestFriends-Abschiedswanderung

Und noch ein Abschied. Diesmal von Christophs #BestOldestFriends: Eine gemütliche Wanderung im Siebengebirge soll es werden – was für eine Freude, die drei nach viel zu langer Zeit endlich wiederzutreffen! Weil heute aber nicht Chérie berichtet war’s das mit Gefühlsüberschwang und es folgt der nüchterne Report:

9:30 Start in Königswinter, noch nicht wissend, auf was wir uns da eingelassen haben. Spätestens ab Kloster Heisterbach ahnen wir: Möglicherweise kommen hier nicht alle lebend durch. Kein Kaffee für Christoph, wir haben für 13 Uhr den Tisch auf dem Ölberg gebucht und müssen weiter… ein Mordversuch durch Kaffee-Entzug? Die Zeit für ein Foto muss trotzdem sein:

Auf dem Stenzelberg dann das unabwägbare Risiko, wahlweise vom Kletterfelsen zu plumpsen oder vom Oberförster verknackt zu werden – und am mörderischen Ölbergaufstieg ist es eigentlich kaum zu glauben, dass nicht eins der insgesamt über 200 Jahre alten Herzen den Geist aufgibt.

Wie durch ein Wunder erreichen wir aber tatsächlich den Gipfel, zur Belohnung gibts in der dünnen Höhenluft lecker Essen und feinste BestOldestFriends-Qualitytime.

Dann Abstieg bei Gewitterwarnung, also quasi erneut in permanenter Lebensgefahr. Die Knie schreien längst »nein«, aber viel zu schön ist’s, um den schnellsten Weg zurück zu nehmen, also doch nochmal hoch zum Drachenfels, möge dieser Tag bloß nicht zu schnell zu Ende gehen!

Und dann ist irgendwann doch Zeit für ein letztes Eis in Königswinter, die Freude darüber, diese Extrembergtour überlebt zu haben und… Abschiednehmen.

Und für das Gefühl der tiefen Dankbarkeit für diesen wundervollen Tag mit den allerbesten #BestOldestFriends ever.

Eine Umarmung passt immer noch rein

Irgendwo – es wird wohl in einer Frauenzeitschrift gewesen sein – habe ich mal gelesen, dass Erinnerungen sich am besten auf der Großhirnrinde einbrennen, wenn sie mit intensiven Gefühlen verknüpft werden.
Wenn das so stimmt, werde ich diesen Samstagabend und die anhängende Nacht wohl niemals, nie vergessen. Selbst wenn mein Tagewerk in weiter Zukunft darin bestehen sollte,alt und hutzelig ein Altenheim aufmischen. Mit meiner grünweißen Decke über den Knien, einem piepsenden Hörgerät im Ohr, der nur jibbrisch sprechenden Hilfspflegerin zuzuraunen: »Mensch Kind, feiern solltest Du mal gehen, nicht nur arbeiten. So wie wir damals…ach, wat war dat schön. Und jetzt schick mir mal den Zivi.«

Irgendwann war es morgens um 6h. Irgendwo über Bonn ging langsam die Sonne wieder auf. Die Bilder im Wohnzimmer hängen schief, ich war das nicht, Tanzschneise auf dem Parkett, leere Gläser auf vollgekrümelten Tischen, einen – komm einen letzten – trinken wir noch, die Luft so dick und schwanger vor Liebe, dass man sie mit nichts mehr schneiden wollte. Eine Umarmung von jedem einzelnen dieser Herzensmenschlein aber passt immer noch rein. Fest konserviert in einem Herzen, das überlaufen möchte.

Gehalten sein von Freunden, es gibt nichts wichtigeres im Leben. Nicht mal eine Reise.

Job weg, Bulli los.

Und auf einmal geht alles ganz schnell. Die letzten Dienste sind getan: auf Wiedersehen Akutpsychiatrie, au revoir Diamorphinambulanz. Es ist kein Leichtes für uns, die Schlüssel, die so lange die unseren gewesen sind, abzugeben. Nach so vielen Jahren, die intensiv und prägend waren.

Das erste Abschiedsfest ist gefeiert. Warmherziger hätte es nicht sein können: schön und traurig, wehmütig und dankbar. Und es ist schön- dieses Abschiedsweh- da es Zeichen dafür ist, dass alles ganz genauso so richtig war. Gehen mit vollem Herzen, mit Erinnerungen fürs Leben, sind es vor allem die Menschen, die bleiben. Es ist schön zu spüren, dass man seine KollegInnen so gerne haben kann… und dass – ganz nebenbei – Freundschaften entstanden sind. Im Alltag fast unbemerkt, zwischen menschlichen Extremzuständen und Heilen und Chaos.

Währenddessen in Antwerpen: Sollte man dem Schifftracking glauben können, hat der Bulli heute abgelegt. Nicht, dass wir hierzu irgendwelche Formulare oder Gewissheiten hätten. Außer des vollgeregneten Zettels, den man uns kurz vor Ostern in die Hand gedrückt hat. Und der Trackingapp. Ganz optimistisch aber sagen wir: Bon voyage, bester Magic bus. Mögest Du einen wackeren Magen haben – gegen alle Stürme des Atlantiks. So das Abenteuer will, werden derer noch einige folgen. In Vorfreude…

Deine Globetrottels (hoping to meet you in Halifax on time)

Der Bulli ist dann mal weg

Trommelwirbel, Adrenalinschub und Dieselqualm: Heute wird es wirklich ernst. Nach 2 Tagen hektischen Bullipackens – irgendwie passte tatsächlich alles rein, nicht wirklich »blickleer«, aber egal – wird der Bus heute verschifft. Auf nach Antwerpen!

Schweigsam lassen wir auf den 230 Kilometern die Gefühle schweifen, nach jahrelangem Träumen und Planen sind wir jetzt tatsächlich on-the-road-to-Feuerland (ok, erstmal nach Halifax Antwerpen), für den kleinen Globetrottelsgeist erstmal schwer zu fassen…

Der berüchtigte Stau um Antwerpen bleibt aus, dafür gibts feinsten belgischen Nieselregen am ganz weit draussen liegenden Euro Terminal Kaai 1333, nur zu finden mittels GPS-Koordinaten: N51.272637 / E04.203268. Die Anspannung steigt, das mit dem Verschiffen ist so eine Sache, aber was solls, so schlimm wie im Iran oder in Mumbai kann’s ja nicht werden. Glauben wir…

Einparken zwischen den wartenden LKWs, Warnweste übergeworfen, rein ins Check-In-Gebäude. Hektisch umherirrende Trucker geben einen guten Vorgeschmack, auf das, was kommt: Wenn schon die Profis keinen Überblick haben – das kann ja lustig werden.

Am Schalter erwarten uns klare Anweisungen: Zettel mit unseren Daten ausfüllen und Magnetkärtchen am Automaten programmieren, dann wiederkommen. Kein Problem, einer von den Truckern hat sogar einen Kugelschreiber für uns, zurück zum Schalter, diesmal gibts kryptische Aufkleber, ein gelbes Bändchen und eine schmuddelige Kopie unseres mühsam ausgefüllten Formulars. Am Gate 4 sollen wir uns damit melden, da helfe man uns weiter.

Zurück zum Bulli, ein schnelles Abschlussfoto im Regen, auf zum Gate. Und da stehen wir erstmal. Eine ganze Weile. Viel Zeit, noch mehr Brummifahrern beim Herumwuseln zuzuschauen. Und dann wirds – wie einem ungeschriebenen Gesetz zufolge offenbar bei jeder Verschiffung zwingend vorgeschrieben – plötzlich hektisch: Der Sicherheitsmensch läßt nur eine Person mit dem Bulli ins Hafengelände, bis Chérie mit unserem Handgepäck im Regen steht ist die Schranke längst wieder geschlossen, hinter uns hupts, der Zöllner wirkt angespannt, Chouchou ists ohne Chérie eh, ab auf die Waage, das gemessene Gewicht geht uns offenbar nix an. Der mysteriöse Aufkleber landet auf der Seitenscheibe, dann knappe Anweisung: „Den Bus dort drüben zwischen den anderen Mobilehomes abstellen und den Schlüssel im Wagen lassen!“

Ok, also rein ins Hafengelände, dichte Reihen von LKWs blockieren die Umsetzung der so einfach klingenden Mission – nach langer Irrfahrt und Rangiererei erreichen Bulli und Chouchou die befohlene Parkposition. Und nun? Wirklich einfach den Schlüssel liegen lassen und verschwinden? Eine wirkliche Alternative tut sich nicht auf, schweren Herzens und ein wenig irritiert läßt Chouchou den Bulli zurück, was ist denn nun mit Zollkontrolle, Inspektion, Vermessung und Dieselstandüberprüfung, das sollte doch alles noch passieren!

Zumindest klärt sich, wofür das Magnetkärtchen gut ist, damit gehts wieder raus aus dem Hafengelände. Und endlich sind die Globetrottels wieder vereint – Rendevous im Check-in-Gebäude. Das kann doch nicht alles gewesen sein? »Doch«, meint die Frau am Schalter. Mehr als unsere wenig vertrauenswürdige und mittlerweile vollgeregnete Fotokopie gibts nicht als Einlieferungsbeleg, weitere Kontrollen auch nicht.

Der traurig in der Ecke sitzende ältere Trucker erkennt messerscharf unsere Hilflosigkeit und tröstet: „Das ist alles ok so, alles ist gut.“
Ein Hauch von Zweifel bleibt. Ob der Bulli wirklich in zwei Wochen wohlbehalten in Halifax ankommt?

Uns bleibt also nichts mehr anderes übrig, als an Seabridge, den belgischen Hafenbetrieb und die gute Truckerseele zu glauben… und unsere Rückreise zu organisieren: Hans-Jürgen wird uns in einer Stunde aufsammeln, auch sein Navi hat so seine Probleme mit der speziellen Lage des Hafenterminals…

Zeit zum Plaudern mit Juliana, die schon eine Weile im Hafengebäude herumirrt und noch unglücklicher wirkt als wir. Ihr Mann Dieter kümmert sich im Gelände gerade um ihren alten Rundhauber, der auf der Rückverschiffung von Montevideo »ausgeräumt« wurde – der Albtraum aller, die Ihr WoMo per RoRo-Fähre verschiffen. Also auch unserer. Tagelang stehen die Fahrzeuge unverschlossen im Hafen, genug Zeit für böse Menschen, sich in ihrem Inneren zu bedienen…
Bei ihren weiteren Erzählungen von langen Reisen durch Afrika, Indien, die Amerikas und fast überall sonst noch hin dämmert es uns: Den alten Mercedes kennen wir doch! Und tatsächlich, eines der vielen Reisebücher von Dieter Kreutzkamp haben wir tatsächlich in unserer kleinen Bibliothek.

Erschöpft und ausreichend durchgefroren werden wir schließlich von Hans-Jürgen eingesammelt. Zurück nach Bonn. Ohne Bulli.

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