Trommelwirbel, Adrenalinschub und Dieselqualm: Heute wird es wirklich ernst. Nach 2 Tagen hektischen Bullipackens – irgendwie passte tatsächlich alles rein, nicht wirklich »blickleer«, aber egal – wird der Bus heute verschifft. Auf nach Antwerpen!

Schweigsam lassen wir auf den 230 Kilometern die Gefühle schweifen, nach jahrelangem Träumen und Planen sind wir jetzt tatsächlich on-the-road-to-Feuerland (ok, erstmal nach Halifax Antwerpen), für den kleinen Globetrottelsgeist erstmal schwer zu fassen…

Der berüchtigte Stau um Antwerpen bleibt aus, dafür gibts feinsten belgischen Nieselregen am ganz weit draussen liegenden Euro Terminal Kaai 1333, nur zu finden mittels GPS-Koordinaten: N51.272637 / E04.203268. Die Anspannung steigt, das mit dem Verschiffen ist so eine Sache, aber was solls, so schlimm wie im Iran oder in Mumbai kann’s ja nicht werden. Glauben wir…

Einparken zwischen den wartenden LKWs, Warnweste übergeworfen, rein ins Check-In-Gebäude. Hektisch umherirrende Trucker geben einen guten Vorgeschmack, auf das, was kommt: Wenn schon die Profis keinen Überblick haben – das kann ja lustig werden.

Am Schalter erwarten uns klare Anweisungen: Zettel mit unseren Daten ausfüllen und Magnetkärtchen am Automaten programmieren, dann wiederkommen. Kein Problem, einer von den Truckern hat sogar einen Kugelschreiber für uns, zurück zum Schalter, diesmal gibts kryptische Aufkleber, ein gelbes Bändchen und eine schmuddelige Kopie unseres mühsam ausgefüllten Formulars. Am Gate 4 sollen wir uns damit melden, da helfe man uns weiter.

Zurück zum Bulli, ein schnelles Abschlussfoto im Regen, auf zum Gate. Und da stehen wir erstmal. Eine ganze Weile. Viel Zeit, noch mehr Brummifahrern beim Herumwuseln zuzuschauen. Und dann wirds – wie einem ungeschriebenen Gesetz zufolge offenbar bei jeder Verschiffung zwingend vorgeschrieben – plötzlich hektisch: Der Sicherheitsmensch läßt nur eine Person mit dem Bulli ins Hafengelände, bis Chérie mit unserem Handgepäck im Regen steht ist die Schranke längst wieder geschlossen, hinter uns hupts, der Zöllner wirkt angespannt, Chouchou ists ohne Chérie eh, ab auf die Waage, das gemessene Gewicht geht uns offenbar nix an. Der mysteriöse Aufkleber landet auf der Seitenscheibe, dann knappe Anweisung: „Den Bus dort drüben zwischen den anderen Mobilehomes abstellen und den Schlüssel im Wagen lassen!“

Ok, also rein ins Hafengelände, dichte Reihen von LKWs blockieren die Umsetzung der so einfach klingenden Mission – nach langer Irrfahrt und Rangiererei erreichen Bulli und Chouchou die befohlene Parkposition. Und nun? Wirklich einfach den Schlüssel liegen lassen und verschwinden? Eine wirkliche Alternative tut sich nicht auf, schweren Herzens und ein wenig irritiert läßt Chouchou den Bulli zurück, was ist denn nun mit Zollkontrolle, Inspektion, Vermessung und Dieselstandüberprüfung, das sollte doch alles noch passieren!

Zumindest klärt sich, wofür das Magnetkärtchen gut ist, damit gehts wieder raus aus dem Hafengelände. Und endlich sind die Globetrottels wieder vereint – Rendevous im Check-in-Gebäude. Das kann doch nicht alles gewesen sein? »Doch«, meint die Frau am Schalter. Mehr als unsere wenig vertrauenswürdige und mittlerweile vollgeregnete Fotokopie gibts nicht als Einlieferungsbeleg, weitere Kontrollen auch nicht.

Der traurig in der Ecke sitzende ältere Trucker erkennt messerscharf unsere Hilflosigkeit und tröstet: „Das ist alles ok so, alles ist gut.“
Ein Hauch von Zweifel bleibt. Ob der Bulli wirklich in zwei Wochen wohlbehalten in Halifax ankommt?

Uns bleibt also nichts mehr anderes übrig, als an Seabridge, den belgischen Hafenbetrieb und die gute Truckerseele zu glauben… und unsere Rückreise zu organisieren: Hans-Jürgen wird uns in einer Stunde aufsammeln, auch sein Navi hat so seine Probleme mit der speziellen Lage des Hafenterminals…

Zeit zum Plaudern mit Juliana, die schon eine Weile im Hafengebäude herumirrt und noch unglücklicher wirkt als wir. Ihr Mann Dieter kümmert sich im Gelände gerade um ihren alten Rundhauber, der auf der Rückverschiffung von Montevideo »ausgeräumt« wurde – der Albtraum aller, die Ihr WoMo per RoRo-Fähre verschiffen. Also auch unserer. Tagelang stehen die Fahrzeuge unverschlossen im Hafen, genug Zeit für böse Menschen, sich in ihrem Inneren zu bedienen…
Bei ihren weiteren Erzählungen von langen Reisen durch Afrika, Indien, die Amerikas und fast überall sonst noch hin dämmert es uns: Den alten Mercedes kennen wir doch! Und tatsächlich, eines der vielen Reisebücher von Dieter Kreutzkamp haben wir tatsächlich in unserer kleinen Bibliothek.

Erschöpft und ausreichend durchgefroren werden wir schließlich von Hans-Jürgen eingesammelt. Zurück nach Bonn. Ohne Bulli.