Unterwegs im Magicbus

Shower – greater than Feuchttücher

Yukon: larger than life. Es ist nicht ganz unbescheiden, wie dieser Teil der Erde um sich selbst wirbt. Größer als das Leben selbst. Das Selbstbewusstsein muss man erstmal haben. Der Yukon hat es. Zurecht.

Tatsächlich sprengt unser erster Tag hier alle Dimensionen.
In den Prärien fühlten wir uns bei der Tornadowarnung ganz weit draußen, weit weg von allem, dabei lag die nächste Siedlung nur dreißig Kilometer weiter. In Waterton empfanden wir es als extrem weit, 120km zum Einkaufen fahren zu müssen.

Mittlerweile sind wir von der letzten Krankenstation 1200 Kilometer entfernt. Die lag in Dawson Creek. Das sind mit dem Magicbus drei Tagesreisen – wenn wir flott fahren.

„Emergency service“ gibt es im Yukon lediglich in der Hauptstadt Whitehorse – und 50 Kilometer drumrum. Ansonsten ist man in diesem Teil der Erde vollkommen auf sich alleine gestellt.

Diese Erkenntnis macht was mit einem. Was genau, weiß ich noch nicht. Ich werde es niederschreiben, wenn´s in Worte gefasst werden will.
Momentan ist es vor allem überwältigend. Mal wieder.
Chouchou sagte heute: Dieses Gefühl ließe sich kaum beschreiben, es ließe sich nur er-fahren. Ich glaube, das trifft es ein bisschen.

Auf den heutigen 450 Kilometern in Richtung Whitehorse schweigen wir sehr viel. Ruhiges und auch ehrfürchtiges Er-fahren dieses gigantischen Erdteils, larger than life.
Nur zweimal unterhalten wir uns etwas länger: einmal darüber, was es zu tun gäbe, wenn wir hier eine Panne haben sollten (beten?). Und einmal über die Diskrepanz mit dem eigenen Auto durch Indien –am dichtesten besiedelter Teil der Welt—zu reisen oder durch den Yukon –eine der entlegensten Gegenden dieser Erde.
Unglaubliche Glückspilze, beide Extreme erlebt haben zu dürfen.
Wir sind uns noch nicht sicher, welche Variante die abenteuerlichere ist…

Vorbei am Schwarzbär Nr 17, über die nächste Kontinentalscheide: die einen Wasser bitte gen Nordpolarmeer, die anderen bitte gen Pazifik. Danke. Einziges Nest auf der heutigen Strecke ist Teslin, das mit einer sehenswerten Kunstausstellung und Coffee to go wirbt. Nehmen wir beides. Die Kunstausstellung entpuppt sich als eine Ansammlung ausgestopfter Tiere, der Kaffee kommt günstig und tiefschwarz aus überdimensionalen Bottichen. People of First Nations an Tresen und Tischen, irgendwie riecht es hier bereits nach Beringstraße.

Am Highway Kilometer 1111 bittet ein Schild darum, keine Grizzlys aus dem fahrenden Wagen zu schießen. No Grizzly hunting 100m from highway. Oder sollte es heißen: Liebe Grizzlys. Bitte keine Touristen jagen im Umkreis von 100 Metern der Straße!? Wir werden es wohl nie erfahren.

Nach mittlerweile sehr vielen Tagen ohne Dusche gönnen wir uns heute einen echten Campingplatz. Mit Wasserclosets (nicht falsch verstehen: Pitstoiletten sind schön und gut, man muss ein sonores Fliegensummen als akkustische Untermalung allerdings auch lieben), Dusche, Strom und einem Hauch WLAN. An der Rezeption steht Steve aus Luxemburg. Er hat sich vor ein paar Jahren aus dem Bankenbusiness abgeseilt und ist nun Herbergsvater eines Campgrounds am AlaskaHighway. Lebensgeschichten gibt’s…
Mal wieder bekommen wir den allerletzten freien Platz (fürs Phantom: Platz 22). Wie immer: Sonntagskinder auf großer Tour.

Und so endet unser erster echter Tag im Yukon mit einer langen, heißen Dusche – mit Haare waschen. Und Haare weichspülen. Und Haut einseifen. Und Haut eincremen. Und Nägel knipsen. Und alles frisch waschen und frisch anziehen. Und schlussendlich wie sauber geschrubbte Bisonkälbchen duften. Bisonbärenwunderbar.

Der Yukon mag ja größer als das Leben selbst sein.
Eines der größten darin aber ist und bleibt – heiß duschen nach gefühlten Ewigkeiten.

Yukon – larger than life.
Shower – greater than Feuchttücher!

4 Kommentare

  1. Dagmar

    Es freut mich, dass es euch weiterhin so gut ergeht. Die Bilder sagen alles, und mir gefallen sie bislang am besten.
    Gut das es einen Highway gibt, ein Zeichen von Zivilisation braucht man dann wohl doch.
    Lg und much shower power

    • Die Globetrottels

      Liebe Dagmar!
      Der Yukon schlägt dem Fass den Boden aus. Und man kann in Bildern kaum festhalten, wie gigantisch es hier wirklich ist.
      Der Highway als Straße in die Zivilisation ist da Wohltat — um sich nicht ganz alleine auf der Welt zu fühlen.
      Deine warmduschenden
      Globetrottels

  2. das Phantom

    „ Lebensgeschichten gibt’s…
    Mal wieder bekommen wir den allerletzten freien Platz (fürs Phantom: Platz 22). “

    Nur wie heißt der Campingplatz???
    Mit so dürftigen Infos kann ich euch leider nicht digital verfolgen 🙂

    Wunderschöne Bilder und Blogeinträge!!!!

    • Das Schnuffpuff

      Liebes Phantom!
      Ach, das zentrale Element fehlte, Du hast recht. Wir sind auf dem Caribou RV Platz kurz vor Whitehorse. Guckst Du Polarsteps …wenn wir mal wieder mit Details schluddern….
      Dicke Umarmung aus dem Yukon —hier sind sogar Fahrräder unterwegs (wenn auch nur zwei…),
      Dein verwuseltes Schnuffpuff
      (Monatsende gibts wieder Statistik 😘 — von Chouchou eigens fürs Phantom)

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