Am 24.Juni knacken wir die 10000 Kilometer Marke: zehntausend Kilometer Kanada. Insbesondere die letzten eintausend im kontinuierlichen Dauerstauen und –wundern über diese so unbegreifbar wunderschöne Welt im Urzustand. Wald, Straße, Bär, See, Himmel, Nichts und Niemand.
Wird das nicht irgendwann mal langweilig? Endlose Weite, endloses Nichts, tagelang. Nach 10000 Kilometern dürfen wir für uns erkennen: Nein, ganz und gar nicht! Nicht mal einen Moment lang. Auf den allermeisten dieser 10000 Kilometer lief für uns nicht einmal Musik. (Und Hörbücher oder Podcasts sowieso nicht.) Wir haben zehntausend Kilometern einfach nur Kanadas Straßen zugehört. Und den wildwechselnden Geräuschen des Magicbus natürlich. Von Halifax bis in den Yukon. Im singenden, fast dreißig Jahre alten Wunderbulli.

Nova Scotia, New Brunswick, Québec, Ontario, Manitoba, Saskatchewan, Alberta, British Columbia. Ein bisschen unglaublich ist das ja schon.

Wir wollten mit dem Magicbus bis in den Yukon. Heute tatsächlich hier einzurollen fühlt sich surreal an. Irgendwie unecht und von jemandem anderes erlebt. Heute habe ich mich dabei ertappt, dass ich unsere Nachbarn im Knutschkugelwohnwagen, der uns seit dem Icefield Parkway immer wieder begegnet, ein bisschen um ihre Reise beneide. Um dann zu merken, dass wir es ja ganz genauso sind, die eine so unglaubliche Reise unter die Räder gebracht haben. Dass ich uns selbst ein bisschen beneide, um diese Erlebnissse, die tief hinein ins Herz gesunken sind und noch immer sinken– das lässt sich zweifelsohne spüren. Der Kopf aber, der versteht die ganze Kiste noch gar nicht. Sind wir tatsächlich mit dem Magicbus in den Yukon gefahren? Ich glaube schon.

Passend zu unserer Yukoneinreise begleiten uns heute 6 Schwarzbären am Wegesrand (mittlerweile insgesamt 16) und eine große, wilde Herde von Waldbisons – es mögen um die 50 Tiere mit ihren Jungen sein. Auch daran werden wir uns nicht satt sehen: an Schönheit und Eleganz. Und der Faszination der Unverfälschtheit, der Ursprünglichkeit in einer Welt, die sich so oft in Künstlichkeit flüchtet. Wie unnötig eigentlich.

Das erste Haus im Yukon ist Contact Creek. Dort tanken wir wie bei Großmuttern. Der Tanksäule nach zu urteilen ist der Goldrausch vor nicht allzu langer Zeit vorbeigerauscht.

Das erste Dorf im Yukon ist Watson Lake mit seinem berühmten Schilderwald. Da wir gerade kein Ortsschild von Bonn zur Hand haben, lassen wir zumindest einen Aufkleber dort. Globetrottels had been here. Im Yukon – unglaublich.

Und dann einen schnellen Sturz aufs Internet im Visitor Center: einziges Netz in hunderten Kilometern Umkreis. Tatsächlich sind wir schneller fertig, als gedacht. Ohne Internet, das hat durchaus auch seine Reize. Digital detox und die Welt dreht sich auch ohne gut weiter.

Unsere erste Nacht im Yukon verbringen wir tief im Wald kurz hinter Watson Lake. Und wie jeden Abend kommt das Gewitter, und wie jeden Abend ist das nur ganz kurz.
Wir lauschen den Tropfen auf dem Bullidach. Nordischer Regen über dem Magicbus. Im Yukon.
Wo es Ende Juni keine Nächte gibt und Raben in blauem Gefieder über unseren Schlaf wachen. Es wird ein heller sein…