An leeren Storchennestern und vollen Apfelbäumen vorbei verlassen wir diesen wunderbaren Ort – erst auf kleinen, unbefahrenen Nebenstraßen…

…dann auf Estlands größter Straße gen Süden: der Verbindungsautobahn mit Lettland.
Neben uns die Ostsee, von der wir wenig sehen, knattern wir beherzt über Elchwarnungsgrafittis auf Asphalt.

Ein aufbauendes „Daumen hoch“ fliegt blinkend an uns vorbei. Dankeschön, knattert der Magicbus leicht errötet. Das letzte Mal auf Estnisch.
Das erste, was wir von diesem neuen Land sehen, sind unbesetzte Wachtürme und den „Superalko“-Shop. Womit bereits geklärt wäre, welches Produkt diesseits der Grenze anscheinend deutlich günstiger zu sein scheint.
Im ersten Supermarkt Lettlands –in Limbažis „Top“, der Name ist Programm– lernen wir: nicht nur der Alkohol ist hier deutlich günstiger als in Estland. Das äußerst schwere Roggenbrot (nie und nimmer wiegt es nur 500g!) kostet 1,20 Euro, Tee 1,25 Euro, 300 Gramm geräucherte Käsefäden bekommen wir für 2 Euro und die unverschämt leckeren Gebäckstückchen für 50 Cent pro Sündenhappen. Aprikosentaschen, Sahnebomben, Puddingplunder landen im äußerst leichtgängigen Einkaufswagen. Und –das allerbeste von allem: Kohlblätterteigtaschen! Wie auch immer ich fast 45 Jahre ohne leben konnte.
Schon jetzt können wir bereits festhalten: Die besten Bäcker auf der Reise sind eindeutig die Letten!
Keine Diskussion.
Limbaži selbst wirklich ärmlicher als die Orte, die wir auf der anderen Seite der Grenze gesehen haben. Irgendwie „ostblockiger“. Das Land aber ist ähnlich: viele Weiden und Landwirtschaft, eine Menge Bäume, Storchennester auf den Strommasten und ziemlich wenig Verkehr.
Eine melancholische Frauenstatue mit Kind auf der Schulter, die einem Unbekannten hinterher winkt, eine rote Kirche, halbes Auto auf Mauer, eine Monsterspinne vor Elch.

Über eine frisch gegossene, neue Straße rollen wir in Lettlands größten Nationalpark ein: den Gauja Nationalpark. Ein einziges Camp hat hier noch drei Nächte lang geöffnet, bevor es in den Herbstschluss geht. Es soll für heute Nacht unsere Heimat sein.
Direkt am Fluss –der Gauja, nach der der Park benannt ist– parken wir ein. Ein riesiges Auenareal für zwei letzte Gäste: Chouchou und mich. Mal wieder sind wir die einzigen hier.
Eine Ente lässt sich entspannt den Fluss runtertreiben, ein Reiher wartet geduldig auf sein Fischdinner, eine Kröte springt entrüstet zur Seite, als ich zum Ufer hinunter schlendere. Mein heutiger Sportbeitrag: vier Meter Abendspaziergang.
Die letzten Zikaden singen schwindende Sommerlieder, vielleicht locken sie damit ja die paar Bären an, die hier irgendwo noch im Gebüsch leben.
Alleine unter Mücken in lettisch Livland, schön ist´s hier.














