Mittelfinnland verabschiedet uns mit einem letzten Hauch Nordlicht. Aurora scheint auf ein sauberes Lächeln zu stehen – denn wieder glühte es in genau diesem Moment über dem Magicbus: als wir mit Zahnbürsten aus den Waschräumen treten.

Ein verzaubert-grünes Adieu, das wir für immer im Herzen mitnehmen werden. Wissend, dass es magischer nicht mehr wird. In diesem Leben.

Heute machen wir Strecke. Der Wunsch nach einem letzten Hauch Sommer wird drängender, also fahren wir schnurstracks gen Süden – auf der einsamsten Landstraße Ostfinnlands.

Nach zwei Stunden werden aus den Nadeln Birken, die Umgebung verändert sich langsam – wenn auch nur subtil. Die Zeichen an Zivilisation nehmen langsam zu: mehr Strommasten, kleine Ortschaften mit Radwegen (im Sommer) und Schneemobilwegen (im Winter), mehr Autos als vier pro Stunde, ein verlassenes Straßenrestaurant, Briefkästen am Straßenrand.

Eines aber bleibt trotz allem immer gleich: Wald und Seen. Seen und Wald. Gewöhnen kann man sich daran – sattsehen jedoch nie.
Am Ende der heutigen Reise stehen erstmals seit langer Zeit wieder ein paar Lupinen am Straßenrand: der Südhauch des Nordens, Ende August verblüht. Weil finnischer Spätsommer unser Frühherbst ist.

Heute Nacht sind wir im Garten von Rita und Patrick zu Hause – einem sanften, finnischen Hippiepaar, das seine Katze für deren Lebensgenuss feiert und seinen Hund buddhistisch gewaltfrei erzieht und das in einer finnischen Villakuntabunt lebt.

Am Rande der Wildwiese parken wir ein: mit Blick auf Wald und See. Weil anders in Finnland gar nicht geht.

Danach fegt das härteste Gewitter seit langem über uns hinweg.

10 Minuten, dann wird es wieder schön und Zeit für einen Camprundgang.

Am Abend gibt es feinste Reste Allerlei. In Helsinki könnten wir die zusammengewürfelte Pfanne als hipp-vegan für zwanzig Euro pro Teller anbieten:
„Ein Mirepoix aus zweierlei Wurzelgemüse an fein gechoppten Spinatcrêpes; veredelt mit der feinen Säure von Limette, serviert auf einem Hauch von Quinoa.“
Heißt: zwei krüppelige Restmöhren, eine keimende Zwiebel, die letzten finnischen Spinatpfannekuchen aus der Kühltheke in Kuhmo kleingeschnitten, gebraten und unter die wieder eingesammelten Kügelchen Quinoa gerührt, die beim Kippen der Packung nicht unter unsere Kühlbox gerollt sind. En fin: Limette drüber ausgequetscht und fertig.

Haute cuisine am letzten Seecamp Finnlands geht sehr wohl auch in der Outdoorkatastrophenküche.
Oder: die gehobene Kunst der Speisenzubereitung unter freiem Himmel.
Das Beste vom Besten für einen kleinen Kreis von Kennern.