Unsere zwei Sturmtage am See in Kautokeino verwehen in einem steifen Wind, der von Tag zu Tag zunimmt.
Am ersten Abend haben wir mit 4 Beaufort gestartet (Chouchou Kachelmann hat´s mit seinem Gadget ja nachgemessen), am nächsten Tag sind wir bei 5 und klettern gnadenlos auf 6.
Gemütlich draußen sitzen geht nur in hochalpinen Windbreakern – während der Kocher auf dem Tisch einem um die Ohren fliegt – auf der zugigsten Ecke des Platzes, die wir zielgerichtet ausgewählt haben. Was tut man nicht alles, um an einem Badestrand zu stehen!? Der Magicbus – für seinen Teil– zieht tagsüber das Dachzelt ein: aus Sicherheitsgründen und wir tragen Windjacken.
Der See schäumt wild und ruft sehnsüchtig nach einer Schwimmerin: Ein Ruf, der ungehört verhallt. Wenn auch mit großer Wehmut und sieben Anläufen, den inneren Schweinehund zu überwinden – aber selbst mir ist es bei dieser Witterung zu heikel. Zur Freude meiner Nasennebenhöhlen – und Chouchous, der die Idee generell für zutiefst hirnrissig hält.

Wir wandern über die Haushügel, auf einem Wanderweg, der offensichtlich lange von keiner Menschenseele mehr betreten wurde. Die morschen Stege holt sich die Natur zurück, zweimal ist der Pfad gänzlich verschwunden, wir schlagen uns per Schweinetaktik durchs Unterholz.

Rechts und links ein Wunderland aus Pilzen, Beeren und Moos. In Nahaufnahme.

Dank Bestimmungsapp finden wir heraus: einiges am Wegesrand wäre durchaus essbar.
Wenn man denn nicht Blau- mit Rauschbeeren verwechselt. Aus ersteren macht man Muffins, mit den zweiten lernt man fliegen. Wir lassen es lieber nicht drauf ankommen…und gehen weiter.

An einem namenlosen See machen wir Rast und taufen ihn auf den Namen „Kloden-Idioti-Innsjø“ = „Globetrottelssee“ auf norwegisch.

Mehr Eroberungen sind für einen Tag nicht angemessen, wir dackeln also wieder zum Sturmcamp auf dem Schröddelplatz zurück. Beeren- und Pilzschlauer, denn je zuvor — bei bunter Mitternacht.

Der heutige Tag ist Haushaltssamstag.
Die Gedanken oft in der Heimat, die Haare gewaschen und sturmgeföhnt, die Fingerchen verkrampft um neue Stricknadeln, die stundenlang klappern in Obsession.
Brutus trägt jetzt eine Bauchbinde und Rudi pastorale Halskrause der dänischen Volkskirche.

Der erste Schal wird länger und länger – ich kann gar nicht mehr aufhören.
Als ich Stricknacken kriege, packe ich mir eine Wärmflasche auf die Schultern und weiter geht’s, die Krämpfe in den Fingern einfach wegschüttelnd: besessen von einem Hexenwerk.

Bevor es morgen weiter geht, müssen wir noch einmal zurück in den REMO1000: mehr Wolle holen.
Möglicherweise habe ich bei den Nahaufnahmen der ganzen Beeren und Pilze doch irgendwas abgekriegt?
Die norwegische „Strikking-Bær“ vielleicht?!
Eine noch unentdeckte Beerenart des Nordens: die berauschenden „Strickbeere“, die ganz schnell süchtig und das Leben bunter macht.