Hochsommer im hohen Norden: 24 Grad, Sonnenschein, ich trage Kleid.
Ein äußerst angemessenes Outfit, um dem Nordpolarmeer fürs Erste Adieu zu sagen:
Adieu blaue Fjorde, hallo gefaltetes Fjell.
Auf der entspannendsten Straße der Welt rollen wir westwärts. 100 Kilometer durch gleichförmiges Grün, in dem die Augen nicht ständig suchen müssen: Erholung von der Dauerbombastizität der Fjordlandschaft. Nur eine handvoll Autos kommen uns auf der gesamten Strecke entgegen.
Über weiche Hügel rollen wir sanft, immer am Grenzfluss zu Finnland entlang, dem Tana –so blau wie mein Kleid, mit eingesprenkelten Steinen und Sandbänken dazwischen – wie die Zitronenkuchenkrümel auf besagtem Fummel.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses –in Finnland– ist es eine Stunde später als in Norwegen.
Man könnte von hier aus also in die Zukunft schwimmen. Oder –von der anderen Seite aus–in die Vergangenheit.
Irgendwo in der Mitte wäre dann entsprechend heute.
Auf einer Sandbank: das Jetzt…
Auf solche Gedanken kommt man, wenn praller Sommersonnenschein ungehindert auf die Frontscheibe des Magicbus knallt. Tuckernde Sauna rollt durch eintöniges Grün: das nuckelt selbst den stärksten aller Wikinger ein.
Am frühen Nachmittag erreichen wir das erste Dorf nach dem Varangerfjord: Karasjok, Sitz des samischen Parlaments Norwegens.

Leider ist das norwegische „Sameting“ –Pendant des Saros in Inari, Finnland—für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Kein Chaga für uns heute. Schade.
Die Architektur aber haut auch ganz ohne Birkenpilzgebräu aus den Socken.
Auf dem lokalen Campingplatz parken wir heute zweiter Reihe, obwohl der Übernachtungspreis „Erste Reihe Aussicht“ vermuten lassen könnte.

Aber ein Husky bellt herzzerreißend nett, ein Rasensprenger lädt zum Durchspringen ein und die Waschräume sind „eins A-er“ als alle, die wir auf dieser Reise je gesehen haben. Fokussieren wir uns also darauf.

Obendrein haben die bösen Mücken, vor denen überall gewarnt wird (die Rezeption verkauft Kopfnetze!), heute anscheinend noch nicht eingecheckt.
Also bleibt das Kleid an, draußen im samischen Sommersonnenschein.
Ein weiteres Geschenk des Himmels…







