Thors Hammer schlug also über dem gestrigen Fussballspiel ein. Rudi, als alter Fußballfan, war hellauf begeistert, während unserem dänischen Teammitglied Brutus eine leise Träne übers zottelige Gesicht rollte. Sein erstes Fußballspiel – gleich verloren, das fällt einer sensiblen Moschusochsenseele nicht leicht.

Der Tag beginnt mit Nieselregen und einer vereitelten Dusche. Mit einem verträumten und voll shampooniertem Kopf, schaltet Annikas Hahn einfach aus. Ein viertel entsetzt, halb angezogen und komplett verstohlen bleibt nur, in den Spülbereich zu entwischen und schäumende „Wahre Schätze“ in einem Küchenabflusssieb zu versenken, das bisher nur Speisereste kannte. Sieb und Haar gemeinsam, vereint in einer neuer Erfahrung.

Bevor es heute weiter gen Norden, weiter gen Natur geht, müssen wir unsere Vorräte aufstocken.
Der Maxi-ICA –-vor Göteborgs Toren—hat auch am Sonntag geöffnet: ein weitläufiges Einkaufsparadies, in dem man problemlos verloren gehen kann. Neben frisbeegroßem Knäckebrot, Lasagne-Smoothies und kiloschwerem Käse in Konservenform finden wir endlich auch neue Schlappen. Eine Wohltat, nachdem sich einer der alten Birkenstocks an der dänischen Ostsee aus dem Staub machte und nur Plastikflipflops übrigblieben, die im nassen Gras und mit 300 Metern Laufstrecke zum WC nach drei Tagen eine wundtreibene Zwischenzehgeschichte erzählten.

Kurzum: alles da, was das Herz begehrt. Nur einen neuen Outdoorteppich und ein Kaltgerätesteckerkabel finden wir leider nicht – in diesem Herzen des schwedischen Vorstadtkonsums.

Über eine Wurschtelautobahn geht’s aus dem Großraum Göteborgs wieder heraus, vorbei an harten Schweden, die trotz des Regens Achterbahn nahe der Schnellstraße fahren.

Nach den ersten 50 Kilometern tauchen Riesenhasen auf den Feldern auf. Und Elchschilder, -übergänge und –zäune. Den König des nordischen Waldes persönlich bekommen wir leider nicht zu sehen.

Hinter Trollhättän steht ein welkender Midsommarbaum und der Wald nadeliger. Hallo borealer Nadelwald. Ab hier beginnt in unseren Herzen langsam der Norden.

Der letzte größere Ort auf unseren heutigen 290km ist Amal – mit zwei Kringeln überm A. Das Navi schickt uns links. Ab hier beginnt in unseren Herzen langsam die Wildnis. Die roten Häuser werden weniger, die Straßenränder von Lupinen geküsst. Danach: 30km Schotterstraße.

Die Anreise in den Glaskogen Nationalpark gestaltet sich deutlich abenteuerlicher als erwartet: der Magicbus wackelt sich tapfer über die –von ihm so verhasste—Schotterstraße, Menschen gibt es hier keine mehr, nur die Lupinen stehen noch einsam Wache – Blüte in Ast mit den Nadelbäumen.

Wir hatten möglicherweise viel erwartet, alleine nur nicht das: dass es 30km Schotterstraße sind, mitten hinein nach Kanada…

Unser Plätzchen für die Nacht liegt direkt am totenstillen See. In unserem Garten: eine Feuerstelle aus Stein, die Infotafel warnt, dass „in den letzten Jahren“ Wölfe und Bären gesichtet worden seien. Nun gut, lediglich das „in den letzten Jahren“ ist nicht ganz Kanada. Aber fast.

Es reicht, um das Herz weit aufgehen zu lassen. Nur nur wegen der neuen Schlappen und des Feuers…