So langsam haben wir den Groove raus.
Den Tag in Aire sur l‘Adour genutzt, um die Logistik der nächsten drei Tage in die Hand zu nehmen. Somit lässt es sich heute entspannter los marschieren: wohlwissend, dass wir uns nun drei Tage nicht mehr um die Übernachtungen kümmern müssen. Das —wirklich— macht den Tag um so vieles einfacher.

Neunzigerjahre Groove zum Frühstück wegen Pampelmuse. Und das große Wundern, dass tatsächlich in einigen Dörfern Südfrankreichs noch Ausnahmegenehmigungen für blutigen Stierkampf existieren. An einigen der Todgeweihten marschieren wir vorbei. Aus der Stadt heraus.

Hinterm Ortsschild liegt das Kloster Sainte-Quiterie. Quiterie: eine Märtyrerin des frühen Mittelalters, die sich einem gotischen Prinzen verweigerte, der nicht an die Dreifaltigkeit glaubte. Konsequenz: Kopf ab.
Ihr Sarkophag liegt hier in der Kirche.
Noch heute wird die heilige Quitteria verehrt und von den Gläubigen regelmäßig angerufen: ironischerweise vor allem bei Geisteskrankheiten und Kopfschmerzen. Guillotinenhumor nennt man das dann wohl.

Über den Nelson Mandela Weg runter zum See. Dort treffen wir zwei Hippie Frauen und einen Schweden. Erstere sieben mal den Tag über, letzteren ein einziges Mal.
Autobahnunterführung. Darunter: die größte Schlange der südfranzösischen Lebenswelt. Gott sei dank tot.
Danach vorbei an den Toros. Gott sei dank lebendig.

Bis Miramont sind es irgendetwas zwischen 18 und 20 Kilometer. Kapelle auf Hügel unter Wasserturm: die Hippies sind schon barfuß da, Pyrenäenausblick und Stoppschild im Grünen. Im Ort: zwei private Herbergen und eine kommunale. In die ziehen wir ein.

Zwei herzige Herren begrüßen uns. Wir sind heute die ersten, wir können uns unsere Betten im Sechsbettzimmer also noch aussuchen.
Ob wir abends mit essen wollen? Dreimal versuchen wir auf den Pizzabäcker des Orts zu verweisen, dreimal wird das freundlich überhört. Irgendwann sagen einfach: ok, ja. Wenn’s vegetarisch geht!? Natürlich geht das. Es wird heute Abend mal wieder Omelette geben.

Dieser Pilgerweg wartet mit so vielen kleinen Abenteuern auf. Nur eines davon: vegetarisch essen im hyperländischen Süden Frankreichs.
Sollte sich auf diesen Weg irgendwann mal der Himmel auftun und Gott zu uns sprechen wollen, wird es bestimmt dieser eine Satz sein: „Vegetarisch? Kein Problem. Ich kann euch gern ein Omelett machen…“