Unterwegs im Magicbus

Caribbean Keys, honey! (oder: Karibische Schlüssel, Honig!)

Beginnen wir den Tag mit einer Binsenweisheit. Es war einmal ein Cowboy, der nach einem Teller Bohnen, Marlboro rauchend unter einem klaren Sternenhimmel der weiten Prärie behauptete, dass Lagerfeuer gegen Mücken hülfen. Howdy Cowboy: das ist sowas von falsch.

Am Morgen nach dem glorreichsten Feuer, das die Everglades je gesehen haben, sieht Chouchou aus wie ein Vanilleeis. Wenn die Samen der Schoten denn rot wären. Die Noseeums haben angegriffen – ungesehen, so wie es ihr Name verspricht. Attacke am Feuer, ein Souvenir der ewigen Lichtungen.

Der Morgen beginnt juckend um halb sieben: mit einem rötlichen Sonnenaufgang über den Sümpfen – und natürlich sind auch die Mücken schon wach. Den ersten Kaffee gibt es daher drinnen, Ausblick durch eine tropfend nasse Scheibe.
In der Nacht hat es gesprüht. Regen darf man es nicht nennen, erhöhte Luftfeuchtigkeit von oben eher, gefühlt liegt sie mittlerweile bei 150%. Nach drei Tagen Everglades ist es Zeit, schwitzend weiter zu ziehen.

Wir schüttelten die letzten Cucarachas aus den Getränkeboxen, die unterm Bulli lagern. Wie vermutet haben sie sich tatsächlich hierher verkrochen: versteckt zwischen Coladosen im Umkarton, in großer Hoffnung auf einen free ride und eine neue Zukunft im Magicbus.
Bei aller Tierliebe – das aber geht nicht, ihr kleinen Überlebenskünstler. Die Globetrottels werden ohne euch weiterreisen. Schüttel und ab.

Bevor es auf die nächste angebliche Traumstraße der Welt geht, müssen wir erstmal stargebacken frühstücken. Fruchtjoghurt und Cappuccino für Chouchou, Impossible Breakfast und Chestnut Praline Latte für mich und der Malteser der Kaffeenachbarn auf unserem Schoß. Frauchen macht das ein wenig betroffen: Betty ist eigentlich ein so personenbezogenes Hundchen, sie versteht gar nicht, warum sie plötzlich so treulos ist. Mit der impossible Wurst hat das natürlich rein gar nichts zu tun.

Traurigen Herzens lassen wir Betty zurück: die Florida Keys rufen hundefrei, dazu gehören leider auch Malteser. Die Kette aus über 200 Koralleninseln zwischen dem Golf von Mexiko und dem Atlantik, verbunden über eine Straße, beginnt gleich hinter dem Starbucks. Es soll unser Kurzausflug in die Karibik werden.

Eine Blechlawine rollt uns entgegen: Sonntag, Wochenende-Ende, eine Blechlawine ziehen wir hinter uns her: Wochenendausflügler mit Zeitdruck. Dazwischen die Globetrottels mit 80km/h, denen im Florida Welcomecenter prophezeit wurde, dass sie am Strand Floridas nie und nimmer einen bezahlbaren Stellplatz finden werden.

Die Keys. Ein Landstrich, der umgeben von türkisem Wasser, ausschließlich von Tourismus lebt.
Zumindest solange die Pole noch da sind.
Eine Straße geradeaus – verfahren kann man sich schwerlich– an der Resort an Resort hängt, an Nippesshop, an Tauchschule, an Resort, an Fastfoodkette, an Resort, an Wellnesstempel und Resort natürlich.

Eine Welt in pastell: Candycotton Keys. Mit Flamingo- und Delphinbriefkästen, einem „Alles wird gut“-Spirit und einem Schildkrötenhospital. 7 Meilen übers Meer parallel zur maroden Eisenbahnbrücke. Touristisches Angebot: Haie per Hand füttern, *hand feed sharks.* Sehr wahrscheinlich zwei Versuche, danach geht nur noch *feet feed*. Warum nicht — wer es mag!?

Wie so oft war es bei den Globetrottels mehr Glück als Verstand, dass eine einzige Partei auf dem –für Monate im Voraus ausgebuchten Statecampground– Bahia Honda abgesprungen ist. Diesen Platz haben wir gestern durch Zufall gesehen und sofort fest festgehalten. Weil „nie und nimmer“ nicht immer nimmer und nie sein muss.
Mona empfängt uns amerikanisch wie im Bilderbuch: honey bekommt die Campinformationen ausgehändigt, inklusive Warnhinweis wegen der „Waschbären“. Das Wort kennt Mona auf deutsch und grinst glücklich und braungebrannt honey an: mich.
32 Grad Außentemperatur, Wasser 26 Grad: Willkommen in der Karibik. Honey.

Unseren karibischen Nachmittag verbringen wir –natürlich—am Golf von Mexiko. Chouchou schreitet zum Äußersten und zieht sich eine Badehose an. Später soll er tatsächlich bis zu den Knien ins Wasser gehen– wofür er zwar keine Badehose gebraucht hätte, fürs aufmerksame Baywatch allerdings schon. Denn lange bevor ich Angsthase mich ins Wasser traue, muss Chouchou Ausschau nach Finnen halten. Die „Hauptstadt der Haiangriffe“ liegt zwar nicht direkt ummeEcke, in diesen wilden Gewässern aber weiß man ja nie.

Die Finnen lassen sich nicht blicken, auch andere Badende werden nicht gerissen, also trau ich mich schlussendlich rein. Mit Blick auf die alte Eisenbahnbrücke dümpeln lediglich ein paar needle fish mit im blauen Nass: Krokodil-Hornhechte, transparente, lange Pfeile.

Einige weiße Ibis probieren ihr Glück und schauen mit ihren strahlend blauen Augen bettelnd nach Krümeln, Sandpiper flitzen über den weißen Strand, Minileguane mit Schweineschwänzchen auf den Steinen.

Beim Wassereis taucht eine Seekuh auf – sie kann allerdings länger die Luft anhalten als ihre Freunde in Flamingo und wart nicht mehr gesehen.
Ein Boot in LKW-Optik lässt sich in den kleinen Hafen spülen und düst wieder ab, weil kein Truckstop vorhanden ist. Auch die Turtelambulanz hat nichts zu tun.

Ein Strandtuch fällt erst ins Wasser und dann in den Sand: wessen wohl!? Ein Grund mehr, später mit viel Stoff unter die kalte Dusche zu gehen.
Um kurz nach fünf senkt sich eine Sommersonne in bizzarsten Farben über zwei Brücken. Eine kaputt, eine intakt. Ein Pelikan, der ihnen entgegen fliegt, das LKW-Boot hat seinen Flammenwerfer gestartet, die Nachbarn entzünden die Weihnachtsdeko, ein runder Vollmond geht über der Szenerie auf.

Über sieben Brücken musst du gehen … über die Seven Mile Bridge kann man fahren.
Coz this is america, honey.
Kein Grund, zu Fuß unterwegs zu sein…

4 Kommentare

  1. Grundmann, B.

    Das gefällt mir sehr gut! Bunt, bunt, bunt! Da kommt Lebensfreude auf. Dazu noch die Vielfalt der Tiere. Was will man mehr? Wunderschön. 🥰

    • Nani

      Liebe Bubu!
      Bunte Tierwelt und Sonnenschein — mehr kann man nicht wollen.
      Wobei: ein wirksames Antimückenzeug wäre nicht schlecht.
      Moskitogrüße — auch vom kleinen Drachen, der gerade vorüber watschelte.
      Deine Nani

  2. das Phantom

    Huhu liebe Globetrotters,
    das LKW- Boot sieht cool aus 🙂

    Hier regnet es seit ungefähr 3 Wochen DURCHGEHEND – da hätten wir jetzt auch gerne mal wieder etwas Sonne und vor allem TROCKENHEIT!

    • Die Globetrottels

      Liebes Phantom!
      Wir bitten das LKW-Boot den Flammenwerfer auf Hochtouren zu fahren und Sonnenstrahlen flott über den Atlantik bis zu Euch zu tragen.
      Mit Trockenheit können wir leider auch nicht dienen: die Sümpfe sind ausnahmslos feucht hier.
      Sunshine reggae aus Flow-Rider sendend,
      Deine Globetrottels

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