„Smoke on the water“ wird möglicherweise unser floridensisches Motto.
Nach einer Nacht, die so ruhig war, dass man die Hörnchen husten hören konnte, in der nur Waschbären und kleine Chouchous nach Mitternacht unterwegs gewesen sind – Wege kreuzend–, liegt auf dem See mystischer Morgendunst. Der Sumpf erwacht im Nebel; smoke on the water eben, ein Wasservogel trocknet sich den Nachttau von feuchten Federn. Schön ist das schon – unpolitisch gesehen. Wir bleiben also dabei.

Nachdem wir die Geschichte des betagten Fischers am Bootssteg gehört haben, verlassen wir das Reich von Moose und Pixie: leider ohne einen Bernstein dalassen zu können. Pixie hat sie so gern – die Bernsteine, die in Deutschland an jeder Ecke liegen und nur noch gepflückt werden müssen. Wenn wir die Nase von der Psychiatrie satt hätten, sollten wir auf Bernsteinimport in Florida setzen, meint Pixie, damit würden wir hier ein Vermögen verdienen. Nach so einfacher Ernte in good old Germany.

Heute ausnahmsweise mal schlau, tippen wir vor Abfahrt den „Lahmen-Modus“ ins Navi ein: den „Vermeide Autobahn“-Kniff, den „Wie überlebt man in Florida bei 50Meilen pro Stunde“-Hack.
Vor uns liegen nun also einsame 250 Kilometer Landstraße. Surreal – alleine durch den Apalachicola-Wald. Ein grandioser Name – sehr passend auch zu den „Wakulla Springs“, an denen wir vorbeirollen. Namen können sie – die Floridasienser, das muss man ihnen lassen.

Auf der „Hurricane evacation route“ geht’s von „Liberty“ nach „LaFayette county” an Weihnachtsdeko, dem historischen Gericht Mayos und der berechtigten Frage: Heavon or hell? vorbei bis Perry: dort müssen wir einkaufen.

Im Walmart Perrys gewinnt Gestalt, was wir bereits gestern lasen: Die größte Einwanderungsgruppe in Florida besteht aus Rentern, die aus dem kalten Norden in die Wärme gespült werden. Hier sind sie alle, die fußlahmen Herren und perfekt geschminkten, älteren Damen aus wohlbetuchtem Hause, die sich die Körbe mit Pharmazieprodukten und Schönheitsgels füllen. Und ich beschließe, mich ab 80 endlich auch zu schminken. Weil´s schön anzusehen ist: dem Lebensabend die Stirn zu bieten, indem man sich jeden Tag wie für ein großes Fest zu recht macht. Weil´s ganz genauso ist: jeder Tag ein großes Fest. Viel zu oft vergesse ich das.

Vorbei an unzähligen Verbotsschildern, teils in neckische Reime verpackt, Niveau circa: „Wer an der Quelle pieselt, ist ein fieser Fieselt“ parken wir heute (und morgen) an den Gilchrist Blue Springs ein: Minicampground an einer türkisen Quelle, in der bei unserer Ankunft sehr viele, vitale Kinder plantschen.
Wenn man mehrere hat kann man sich das problemlos trauen: plantschen in Alligatorland. Ein bisschen Schwund ist ja schließlich immer.

Nach einer halben Stunde harten Überlegens, wie man den Magicbus auf einem 15 Grad-Gefälle wohl gerade bekommt, parken wir einfach schief. Nach Ewigkeiten hole ich mal wieder den großen Kocher raus, kurze Buxe an und Musik auf die Ohren.

Zwei Tage Urlaub machen, neben Washrooms, die zwängigen Gemütern die Schuhe ausziehen würden. Für uns bleibt Wasser Wasser — Hauptsache, es schwimmen keine Krokos drin.