Wir hätten vor 3 Tagen nicht gedacht, dass wir unsere kanadische Kumbh Mela im Wald tatsächlich auch mit einem traurigen Äuglein verlassen könnten. Unser Plätzchen im Wald unter Pinien – als Teil kanadischer Outdoorcommunity am Victorias Day. Wir waren dabei, bis zum bitteren Ende: in Dauerregen und mit BBQ über offenem Feuer. Ein großer Schritt in Richtung Einbürgerung wäre hiermit also getan.

Bevor wir den Algonquin Provinzialpark verlassen, wollen wir noch den bekanntesten Trail vor Ort mitnehmen: den Mizzy Lake Trail. Angeblich gäbe es hier die größten Chancen auf Wildtiersichtungen. Ganz gewiss nicht am Victorias Tag – denn wer an diesem sonnigen Tag nicht Kanu auf einem der 30000 Seen fährt, wird mit uns hier sein. Wenn überhaupt, werden wir hier und heute also nur noch die dümmsten aller kanadischen Elche antreffen. Oder die lahmsten. Für mich wäre das vollkommen in Ordnung. Hauptsache Elch. Außerdem bin ich ja selbst auch nicht eine der Schlausten mit, und der Schnellsten sowieso nicht. Man hätte also gleich etwas Verbindendes, über das man sich unterhalten könnte.

12km geht es über Stock und Stein, hoch und runter, zumeist über glitschige Pfützen. Einmal haut es Chouchou volle Motte aus der Spur, der sportliche Ex-Karati rollt sich aber gekonnt ab. Das soll ihn trotzdem nicht vor einer pädagogischen Zurechtweisung schützen: die holländischen Rentner hinter uns fragen nicht, ob ihm hier –6km von der Straße entfernt– etwas passiert sei, sondern winken nur gehässig mit ihren Wanderstöcken: “That´s why we have sticks.” Bestimmt vom Obelink im Angebot: Packe Sie jetz zu, nehme Sie sofort alle twej. Und nur heute –ganz speziell voor onze lieve Nachbarn– krijchen zee die Klugscheißsprüche ganz für kosteloos mit dabeii. Heelemal bedankt.

Die Umgebung aber ist ganz phantastisch und mit nichts zu vergleichen. Dunkle Seen vor endlosen Nadelbäumen. An der nach dem 1. Weltkrieg verlassenen Bahnstrecke sichten wir Wolfsspuren. Und ein paar Schildkröten im Wasser. Nummeriert. Vielleicht die Nummergirls unter den Kiefermäulern!? Hörnchen hier und dort, eine kanadische Wildgans führt ihre Küken spazieren. Eine aufmerksame Mutti, die sehr gut aufpasst. Nur Elche sehen wir noch immer keine. Nicht einmal die Dummen.

Vollkommen erledigt nach diesem Marsch –wo eigentlich ist unsere Fitness hin? Lost in the woods? Lost in the wild?– rollt der Magicbus mit einem eingesauten Chouchou am Steuer (und ik zeg noch: neem die Stöcke met!) 150km weiter gen Westen, bevor wir heute Abend endlich nach Hause kommen können. In Parry Sound, auf einem Community Parkplatz.

Parry Sound liegt am Georgian Bay. 6000 Einwohner geben sich alle Mühe, das Örtchen liebevoll zu gestalten. Das spürt man, trotz der fast apokalyptisch leergefegten Straßen – ist ja noch immer Victorias Day.

Wir schlendern einmal am Hafen entlang, schauen der tutenden Eisenbahn auf einer sehr hohen Brücke hinterher und quatschen mit unserem Nachbarn über sein Gemüsebeet. Sehr viel Arbeit. Ja, sehr, ich weiß, sag ich. Ich hatte auch schon mal einen Acker: Herrn Hebing, hottest Acker in town. Sehr viel Arbeit. Aber schön. Da sind wir uns einig.

Mit Blick auf den Georgian Bay atmen wir letzte Abendsonne ein und essen dann –vollkommen unübertrieben– die beste Pizza der Welt. Made by Indians from Parry Sound.

Im Magicbus ist um 20 Uhr dann Feierabend für heute. Endlich zu Hause – auch wenn sich der Film vor den Fenstern fast tagtäglich ändert. Dahoam is dahoam. Nur noch flott einen kurzen Text tippen über den heutigen Tag. Die Eisenbahn auf der sehr hohen Brücke tutet. Nur noch flott einen kurzen Text tippen und dann ist Feierabend. Deutlich später als 20 Uhr natürlich….