Unterwegs im Magicbus

Milepost from Jasper

Erneut nicht weggehapst vom Grizzly sind wir kurz vor Mittag zutiefst ausgeschlafen. Was auch immer in diesen Zapfen war, die wir gestern so großzügig verbrannt haben. Zapfen der »subalpinen Fir«, die von Indigenen schon in uralten Zeiten verräuchert wurden to repel evils spirits – meint unser Lone Pine Büchlein auf Seite 121.

Gonzojournalistisch darf man festhalten, dass die Zapfen auf jeden Fall zu sehr tiefem, langen Schlaf und sehr, sehr bunten Träume führen:
Heute Nacht im Traum haben Chouchou und ich alle Tiere aus dem Lone Pine Büchlein in einem afrikanischen Omnibus eingesammelt. Jedes auf seinem Platz, die gefährlichen und die freundlichen. Heute Nacht haben wir eine Arche Noah gebaut. Alle Tierchen zusammen, friedlich und durcheinander – und wir mittendrin. So war das – unter einem klaren Rocky Mountain´schen Sternenhimmel, zwischen den Seiten des Lone Pine nature guides, im Halbtraum unter subalpinem Fir-Einfluss. Den übrigens scheinen auch die roten Hörnchen um uns herum sehr lieben (siehe LonePine Büchlein, S. 46). Lautlustig schnatternd knabbert unser Nachbarhörnchen Zapfen nach Zapfen, es scheint bester Laune zu sein, während wir den ersten Kaffee trinken.

Auf unserem letzten Stück des zauberhaften Icefield Parkways gen Jasper machen wir die Athabasca Trilogie voll. Nach Gletscher und Fluss sind heute die Wasserfälle dran. Mit dabei: oben eine Fischsorte, unten vierzehn (die Anzeigetafel spricht von einem mystery), sowie zwei Globetrottels und halb Indien.

Kurz vor Jasper dann Stau wegen »White-tailed deer« am Straßenrand. Im Lone Pine Büchlein auf Seite 31 erwähnt. Wir arbeiten an der Arche –vom Autofenster aus.

In Jasper halten wir uns für ganz besonders schlau. Da Wochenende ist (die überfüllten Parkplätze unterstreichen dies) und Campingplätze rar, reservieren wir uns bereits am späten Mittag ein Plätzchen auf dem Snaring Campground. So lässt es sich nachmittags entspannter im Ort herum streifen, weil wir wissen, wo wir nachts zu Hause sein dürfen. Im Nationalpark Jasper, wo wilden Campern drakonische Strafen drohen.

Jasper ist ein freundlicher Ort. Irgendwas zwischen Hippie-Outdoor-Berg-Dorf im Manalistil. Daher passt es, dass wir in einem wirklich sehr originalen, indischen Restaurant landen. Wir sind die einzigen Westler, gegessen wird mit den Händen. Das Essen ist köstlich und scharf – das beste Essen, das wir in Kanada bisher hatten. Aus den Lautsprechern dudeln überlaut die angesagtesten Bollywoodhits, das Toilettenpapier in den Washrooms ist unberührt. Eine Reise in der Reise, eine Stunde Incredible India, eine Wohlfühloase.

Pappsatt sitzen wir später bei Tim Hortons, um träge und happy mit gutem WLAN die weitere Route zu recherchieren.Und um Informationen über die Waldbrände im Norden einzuholen.

Noch später und noch immer pappsatt laufen wir das Örtchen ab. Nett, süß, freundlich, es ist wirklich schön hier.

Bei den »Friends of Jasper« stöbern wir erneut nach der »milepost«. Ein Buch, das wir seit Tagen fieberhaft suchen; DER Reiseführer für alle Verrückten, die den Alaska Highway hoch ins Nichts wollen. Leider finden wir das Buch auch hier nicht, treffen an der Kasse aber unerwarteterweise auf eine echte Yukonexpertin.
Die betagte Dame in rosa trägt –unter ihrer türkisen Lesebrille– ein Lächeln und Abenteuer in den Augenwinkeln. Sie selbst sei schon sieben Mal im Norden gewesen. Es blitzt in ihren Augen: It is so unbelievable amazing. Sie beginnt zu erzählen, verliert sich so schnell in Begeisterungsstürmen, dass sie das kassieren total vergisst. Die Schlänge wird länger und länger, aber niemand drängelt, niemand wird ungeduldig. Sympathischen Menschen in euphorischen Momenten zuhören – in diesem Moment muss niemand schnell weiter. In Gedanken sind wir alle gemeinsam im Yukon. Dank der gelebten Liebeserklärung, die aus der Dame hervorsprudelt.

Heute Abend werden wir beim Feuer vom Yukon träumen. Und vielleicht ja auch heute Nacht – wenn wir wieder genügend Zapfen der subalpinen Fir verräuchern.
Bunte Träume von einem wilden Norden, in dem alle Tiere aus dem frei und wild leben können. Arche Noah grenzenlos, Lone Pine nature guide Seite null bis Seite 191. In der einen Hand die Milepost, die andere weit geöffnet aus dem fahrenden Fenster gestreckt. Der Welt entgegen.

4 Kommentare

  1. Hans-Jürgen Grundmann

    Ja, Ihr seid nicht nur in einer der schönsten Gegenden dieser Welt, Ihr habt auch noch die entsprechenden Träume dazu! Nehmt das alles 100%ig in Euch auf. Sowas erlebt Ihr nie wieder! Und … nicht ablenken lassen! DeP.

    • Die Globetrottels

      Liebster dePabels!
      Wenn die Träume stimmen, dann kann alles nur gut werden. Es wird.
      In vollem Fokus,
      Deine Globetrottels

  2. Klaus

    Ich bin begeistert, berührt, Träume mit …. Was für ein fantastisches Bild am Ende eures Beitrags!!!! SUPER

    • Die Globetrottels

      Lieber Klaus!
      Immer wieder Sonntag…und Du bist immer noch mit im Gepäck. Das ist wirklich wunderschön.
      Träumend, gemeinsam,
      von Nordlichtern und allem anderen,
      (notfalls sogar in Shavasana,)
      Deine schlafasananden
      Globetrottels

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