Einfahrt Highway Nr 11. Warnung: Achten Sie auf Ihre Tankfüllung. 300 Kilometer bis zur nächsten Tankstelle. Dazwischen mal wieder das große Nichts. Das große Nichts mit einem weiteren Straßenrandschwarzbären darin. Natürlich weiß ich erneut ganz genau, wer er ist. Erkannt. Again. Als Krähe fliegt er weiter.

Endlose Straße im Sonnenschein nach einem reinigenden Gewitter kurz vor Thunder Bay. Rudi pennt auf der Hutablage. Eine Gelegenheit die Hirnwindungen frei zu lassen. Freies Assoziieren als Strechtingübung für die Synapsen. Dreihundert Kilometer ungefähr so:

Über
I am so sorry honey, no vegetables. We are only a small Walmart – bei GaleriaKaufhausgröße.
Über
arktische Wasserscheiden, heading north.
Über
ein Sicherheitsnetz, das so dicht ist, dass man sich nicht mehr bewegen mag.
Über
-springen von Zeitzonen, außerhalb der Zeit, eine Stunde gewonnen.

Über
Donnerbucht bis Rainy rivers,
Black flies, die ganze Hautstücke ausbeißen,
sich selbst immer mitnehmen,
die Instantlebendigkeit, wenn man die Hand aus dem Beifahrerfenster in den Wind hält.

Über
den Segen, keinen Spiegel mehr zu haben – es macht uns alle schöner.
Über
die Schwingen des Adlers über uns – ich weiß, wer er ist.
Über
wieviel mehr Menschsein wir Menschen eigentlich brauchen. Und wieviel weniger auch gut täte.

Und dann sind wir am späten Nachmittag auch schon da:
Kay-Nah-Chi-Wah-Nung (ich gestehe, ich musste abschreiben), heiliger Ort der Ojibwe am Rainy River. Hier gehen die Seelen nach ihrem diesseitigen Ableben am einfachsten in die jenseitige Welt über. Über die Stromschnellen, an ihrer größten Begräbnisstätte Kanadas. Leider sind wir für die Trails hin zum größten Heiligtum etwas spät dran: der Weg dorthin sei 7 Kilometer, weiß Saiyen. Bis 18h sei das nicht mehr zu schaffen. Trotz der gewonnenen Stunde. Außerdem muss man auf Wölfe vorbereitet sein: diejenigen, die für Demut und Gleichheit aller Menschen stünden. Auch das sind wir heute nicht mehr.
Das RoundHouse, den spirituellen Versammlungsort schaffen wir zeitlich und mental aber noch. Und eine Spende in die Gemeindekasse. Auch das ist wichtig.

Ob wir die Trails morgen –bei Gewitterwarnung– angehen können, müssen wir den Wettergöttern des 1.Junis überlassen. Den wohlgesonnenen Wächtern über die EinMonatsGereisten. Schon.

Heute Nacht dürfen wir in Barwick –ganz im Westen Ontarios– zu Hause sein. Freistehend legal erwünscht willkommen.

Die Barwicker haben es so freundlich gestaltet: ihren kleinen Stadtpark, der offiziell auch zum wilden Campen einlädt. Mit öffentlicher Toilette, Feuerstelle, Picknickbänken, Wasser und sogar kostenlosem Strom. Mit Blick auf einen Rainy River, der in schwülem Sommersonnenschein träge vor sich hinfließt. Im Bulli sind es um 19h noch 33 Grad und hier auf meiner Picknickbank in der untergehenden Sonne nur wenig weniger.

So die Götter wollen, wird dies unsere letzte Nacht in Ontario sein. Die ausgedehnten Felder und die großen Farmen ums Eck flüstern schon leise: Manitoba.
Ma-Ni-To-Ba. Wie ein bäuerliches Versprechen, wie warme, frische Milch, frisch gemähtes Heu und seicht wiegende Kornblumen in endlosem sonnengelb.
Manitoba. Vielleicht wird es ein Sommermärchen.
Mit Kartoffelstampferchen in Hotpants. Ohne Spiegel.
Das wär doch was…