In unserer Absteige,die Bukowski alle Ehre gemacht hätte, singt uns eine Eule in die Nacht. Unerwartet — genauso wie das Frühstück am nächsten Morgen.

Wir hatten mit trockenem Brot und abgestandenem Kaffee gerechnet. Und bekommen Kaffeevollautomat, Nutella und Käsebuffet. Vielleicht sollten wir anfangen das Unerwartete zu erwarten. Oder am besten gleich alle Erwartungen von vorne herein lassen!? Angeblich liegt darin ja eh ein Glücksgeheimnis….

Wir haben heute Zeit. Die Etappe ist klein geplant. Unser Tag startet also mit einem Rundgang durchs herrliche Figeac.

Erster Stopp: Kathedrale.
Dort erwartet uns Jakobus in Knallfarben. Fast indisch — ein ganesaartiger Pilgerheiliger. Mögen wir sehr.

Der Pastor hat sein Weihrauchkännchen vergessen, wir sammeln etwas heiligen Duft ein.

Und weiter geht’s auf den Markt.

Samstag ist Markttag.
Man steht Schlange für bestes Fleisch, Käse und Brot, Erdbeeren und Spargel.
Leider werden wir auch heute keine Küche haben, heute aber macht alleine der Anblick glücklich. Wir essen mit den Augen und der Nase.

Ein Schlaraffenland in baufälligen Gassen, eine begrünte Treppe.

Am Mittag trinken wir Café — die anderen trinken Wein mit Hündchen. Keltische Gesänge wabern zwischen den Ständen. Musik, die ganz schnell am Wasser bauen lässt. Ach Figeac, in dir könnte man wohnen wollen, vor allem am Markttag.

Eingedeckt mit Proviant wagen wir uns erst gegen eins an den ersten Aufstieg des Tages, hinaus aus der Stadt.
Vorbei an Kühen (I just can’t get enough) und einem deutschen Pilgerpaar, das noch viel schlechter zu Fuß ist als wir.

SchäferSchlumpfhaus mit Aussicht zur rechten.

Bereits um zwei machen wir die erste Pause: mit den leckersten Samosas der Welt. Danke Markt.

Ein Tag wie ein erster Frühlingsfriedenstag. Blümchen am Straßenrand, die Vögel singen unaufhörlich, sehr dicke Hummeln hummeln vorbei.
Eine alte Kutsche, ein Pipilangstrumpfpferd mit Fohlen, alte Mauern mit wilden Blümchen drauf und dran.

Auf dem gesamten Weg passieren wir heute nur ein kleines Dorf: Faycelles.
Leider alles zu, aber alles sehr pittoresk.

Selbst das seidig weiche Trinkwasser aus dem Kirchbrunnen. Selbst die Kirchengesänge der deutschen Pilger, die wir wieder eingeholt haben. Selbst der Weg wieder hinaus aus dem Ort, mit Ziegen im Hang.

Auf den letzten zwei Kilometern unserer heutigen Etappe aber kippt der Frühlingstaumel: ein Gewitter nähert sich von Osten. Wir sehen Blitze, dann grollt der Donner über die Felder. In Ferne beginnt ein Bindfadenregen zu fallen, bei uns kommen dicke Lot-Tropfen an.
Zeit für Ponchos.

Bei Sandrine landen wir um halb fünf. Aus den geplanten 12 Kilometern wurden 17, wir sind happy nun hier zu sein. In Béduer, natürlich auf dem Kopf, Blümchen auf Mauer, gleich neben einem französischen Frankensteinschloss und einer vergessenen Ente.

Sandrine hat noch ein Doppelzimmer mit Aussicht und heißer Dusche für uns. Das ist sehr fein.

In der Gemeinschaftsküche erwärmen wir uns 600g Aligot vom Markt— diesmal frisch von einer lot’schen Grossmutti gemacht statt aus lieblosen Fertigpulver, Sandrine schenkt uns selbstgemachte Bärlauchcrème für unser Baguette. Als Nachtisch gibt es Sommerrollen vom Markt und M&Ms aus dem Rucksack.

Am Abend hören wir noch mehrere Pilger ins Haus poltern. Unter anderem die fußlahmen, Kirchenlieder singenden Deutschen und eine Französin mit so wildem Hund, dass er selbst uns too much ist (und das will wirklich was heißen.)
Unsere Zimmertür geht für heute zu, der Hund darf an den Zehen der anderen schlabbern, das Gewitter zieht vorbei.
Tag 10 auf der Via Podiensis:
Let‘s call it a (pilgrim‘s) day.