Unterwegs im Magicbus

Bloggen und Pilgern verträgt sich nicht

 

Erkenntnis des zweiten Pilgertags:
Ausführliches Bloggen und Pilgern schließt sich leider aus. Ich hatte er vorab geahnt, spätestens heute zeigt es sich.
Wobei: wenn ich ehrlich bin, war es bereits schon gestern so weit.

Dieser Weg ist keine gemütliche Magicbusreise. Es braucht so viel mehr Logistik, ist so viel mehr körperliche und so viel mehr mentale Anstrengung, dass es sich leider nicht ausgehen wird, darüber auch noch im Detail zu berichten.
Mir selbst tut das am allermeisten leid: weil das Schreiben mir so viel Freude bereitet und eine so schöne Chance ist, vor allem die kleinen Details festzuhalten. In einem großartigen Ganzen.
Nach 24km Laufen aber, inklusive Gepäck und 700 Höhenmeter — nach angestrengter Nachtplatzsuche — nach dringender Hygiene — nach viel mehr „socializing“ als beim Bullicampen in einer Sprache, die man kaum spricht, dann aber doch so viel, dass man trotzdem zu kommunizieren versucht und jeder Satz enorme Konzentration erfordert, lassen sich keine zusammenhängenden Sätze mehr als Ganzes zusammenformulieren. Etwas, mit dem ich auch glücklich wäre.
Weil jeder Text ja die Essenz des Tages rausschälen soll. Weil die Sätze hintereinander logisch sein sollen. Weil die Details und auch die Emotionen drin sein sollen. Und am besten natürlich auch die Weltbeschreibungen und tollen Fakten der Gegend. Und obendrein soll der Text vergnüglich und schön zu lesen sein.
Dann haben wir aber noch nicht die Bilder bearbeitet, die Zeilen konfiguriert, die Fotos eingefügt und die Rechtschreibfehler korrigiert…

Leider geht das alles im Pilgerpace nicht.
Daher werden es auf dem Jakobsweg wohl deutlich weniger Zeilen als (von mir) gehofft. Nächste Erkenntnis: ich selbst bin die Person, die darauf Druck macht. Ich selbst bin die Person, die nur einen Text veröffentlichen will, der mir auch selbst etwas sagt. Ich selbst bin diejenige, die es sich schwer macht.
Auch das: eine wichtig Erkenntnis!

Kurzum, wird es auf dem Jakobsweg hier vor allem Fotos geben. Und kleine Blitzlichter des Tages.
Weil es bei diesem Weg nicht um die perfekte Beschreibung gehen sollte, sondern um das pure Erleben.
Nicht immer schließt das eine das andere aus. Momentan leider schon. Da der Pilgertag leider drei Stunden zu wenig hat. Und weil er so fordernd ist, das die Kraft für tolle Texte nicht mehr reicht.

Hier also lediglich ein paar harte Falten und kurze Blitzlichter des heutigen, zweiten Pilgertags:

St Chely d‘Aubrac — Espalion: 24,5km
Wetter: Sonne, 21 Grad
geöffnete Herbergen: null

Blitzlichter:

Gedacht, schlau zu sein und bereits beim Frühstück im geschlossenen Restaurant („kleine Knabberei“) versucht, eine Herberge für die nächste Nacht zu organisieren. Weiterhin: erfolglos. Alle Herbergen weiterhin geschlossen…

Gedacht, schlau zu sein: Linkes Knie nun auch getapt, da heute weitere 700 Höhenmeter abwärts auf dem Weg stehen.

Wunderbares St Chély über die Pilgerbrücke verlassen. Ohne Stöcke. Also nochmal einen Kilometer wieder zurück zum Hotel.

Auf dem Weg: Kreuze im Gegenlicht, Aussicht gefühlt bis Santiago. Frühlingsblüte, Wiesen, alte Steinhäuschen und viel Wald. Ein Baum, der Munchs „Der Schrei“ mimt. Mit Aubrackuh im Zwiegespräch.

Pause neben einem Bauernhof im Nichts:
Kuhauftrieb. Liebevoll gestaltete Pilgerscheune mit Trinkwasser. Die Katze trinkt zuerst, sie und der alte Hund leisten uns bei unserer Mittagspause Gesellschaft. (Und bekommen natürlich was leckeres ab.)

St Côme d‘Olt:
Plus beau village nach 17km ohne eine Menschenseele. Enge Gassen, nett restaurierte Häuser, der Kirchturm steht schief. Eine Herberge hat geöffnet, ist aber so fies, dass wir uns entscheiden, weiter zu gehen.

Kirche von St Côme d‘Olt:
Draussen: Selfie mit Katze. Drinnen beweist der liebe Gott, dass er absolut pro-queer ist.

Am Fluss Lot nach Espalion.
Hier hat’s ein Appartement zum Herbergspreis. Alte Herren spielen Boule, die alte Brücke ist schön in Szene gesetzt.

Nach 24,5 km endlich da.

#img35#

Duschen, Hirschtalg, Wäsche waschen im Waschbecken. Humpelnder Gang zum Supermarkt: Nudeln kochen und essen für vier.

Ein Pilgertag, wie er im Buche steht.
Jetzt bräuchte man nur noch Kraft zum bloggen….

2 Kommentare

  1. Dagmar

    Pilgern soll zur inneren Einkehr führen.
    Sei innig mit dir selbst und bewahre deine Kräfte.
    Denk und organisiere nicht , am Abend wird sich immer alles fügen.
    Keine Bange😉😇

    • Joana

      Liebe Dagmar!
      Ach, Du hast so recht!
      Also Fokus auf die innere Einkehr. Hoffentlich findet sich da was 😅…
      Fest umarmt aus dem wenig beschriebenen Hirschtalguniversum…
      Deine Joana

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