Unser Nachbar links, Louis aus Mexiko, verabschiedet uns am Morgen freundlich. Und auch unser deutschaffiner Nachbar rechts aus Washington scheint etwas nostalgisch, dass das kleine Nachbarmobil schon wieder abrollt. Nur der Security atmet erleichtert auf: Endlich sind die Gypsys wieder los. Mit ihrer verbotenen Wäscheleine und dem manuellen Vordach, das dummerweise auch ohne Heringe und dem Verknoten an „oasis property“ hielt. Eine Herausforderung für die „Monster-RV-Oase“ kurz vor Vegas.

Beim Smith´s ummeEcke kaufen wir schnell noch lecker ein. Neben den drei Daumen dicken Schinkensandwiches ist heute Sushi im Angebot. Schon wieder vegetarischer Fisch: unser abgehalfterter Beitrag zu „sin city“, also einpacken bitte.

Ein kurzes Pläuschchen mit Melissa und Paul, die heute gemeinsam Kasse machen und dann sind wir wieder on the road. Raus aus dieser wilden, lauten Stadt, die es wirklich kein zweites Mal auf dieser Welt so gibt.

Die Ausfahrtsstraßen sind pickepackevoll und gepflastert mit Anwaltswerbungen. Aggressiv zurück gegelte Männer, Typ: gewinnender Lackaffe im Maßanzug, lächeln mit überdimensional großen, sehr weißen Zähnen von den Plakatwänden:

»Haha…divorce!? – da box ich Dich schon durch, baby. Bezahlen musst du erst bei Gewinn –aber keine Sorge: always winning– der Klaps auf den Po im Anschluss ist natürlich kostenlos. Du wolltest es doch auch, jetzt zier dich nicht so. Jaja, baby, that´s Vegas.
Und jetzt byebye… auf nimmer Wiedersehen.«
Ein metergroßer, rosafarbener Teddy liegt überfahren mit aufgerissenen Knopfaugen am Straßenrand. Ja, auch der hat´s scheinbar nicht anders gewollt. Das rosa Luder.

Die Straße trägt uns heute nicht sehr weit. Eigentlich nur so weit, dass der Lärm versiedet.

70 Meilen hinter der Stadt liegt das “Valley of fire“.
Bizarre, bunte Felsformationen, leuchtend rote Berge, desert bighorn sheep springen über trockenen Fels, 4000 Jahre alte Petroglyphen und wir haben Glück, dass es in der Wüste bewölkt ist.

Viele der Trails sind bis Ende September kategorisch geschlossen, da es im Sommer hier einfach zu heiß für den Menschen ist. Bei 26 Grad und Wölkchen lässt es sich Ende Oktober allerdings fein herum spazieren.

Leuchtend gelbe Blümchen in blutrotem Sand, blaues Gestrüpp, der perfekte Brautstrauß am Wanderweg macht einen auf Eisblume – mitten in der Wüste.

Siehe: das Surreale will und will nicht enden. Ganz real allerdings ist, dass der Campground ratzevoll ist. Für heute Nacht müssen wir uns also einen anderen Ort zum Übernachten suchen.

5 Kilometer vor dem Parkeingang liegt BLM-Land. Ein großer freier Streifen Wüste, der jedem zugänglich ist. Heute Nacht dürfen wir bei weiter Aussicht einschlafen und träumen.
Träumen von einem Licht, das nicht von dieser Welt zu sein scheint.
Entzündet von einem Laternenmann, der es weiß, ganz tief in die Trickkiste zu greifen…