7 Uhr, im Regenwald regnet’s nicht mehr. Die ersten drei Tassen Kaffee beginnen zu wirken, Mail vom ADAC, Teil Nummer 074145251B ist unterwegs, Ankunft per LH 467 in Vancouver um 16:45 — beste Voraussetzungen, uns auf den Weg zur Werkstatt zu machen, da darf der Bulli auf den 80km Sea-to-Sky-Highway (oder in unserem Fall Sky-to-Sea) ruhig heulen und singen, so viel er mag.

Typisch deutsch — so langsam wird’s peinlich — rollen wir pünktlich um 10 bei Open-Road-Volkswagen ein. Al, ölverschmiert aus den Tiefen eines weiteren Problembullis auftauchend, begrüßt uns entsprechend, guten Morgen. Und nein, aus den für heute erhofften neuen Vorderreifen und Achsmanschetten wird nichts, erstere sind immer noch nicht da, letztere möchte er lieber gemeinsam mit dem Keilriemenspanner machen, und der befinden sich ja noch irgendwo über dem Atlantik…
Aus der Werkstatt ins Office zu Vögelchen Jon, neuen Termin ausmachen. No problem, Montag um 8 sind alle Teile da, nach dem long weekend wird alles gut, wir brauchen bis dahin bloß unsere Luftfracht am Airport abzuholen.

10:30 Lagebesprechung auf dem Volkswagenparkplatz — so langsam wird sie zur Gewohnheit — gut zwei Wochen nach unserem ersten Date hier in Barnaby geht es immer noch nicht vorwärts, ob wir je wieder aus Vancouver wegkommen? Frust und Ärger wäre jetzt eine sinnvolle Option, machen aber nach 3 Minuten auch keine richtige Freude mehr. Also umplanen: Die geplante Stanley-Park-Besichtigung hat sich für heute auf jeden Fall erledigt, wir brauchen eine Bleibe für‘s Wochenende. Nochmal den Sea-to-Sky-Highway rauf? Nee! Nochmal mit der Fähre auf eine des Inseln? Nee! Auf einen der zwei asphaltieren RV-Großcampings? Nee!
Bleibt in erreichbarer Ferne nur noch der Campground in Point Roberts, der US-amerikanischen Mini-Enklave am südlichen Zipfel von Vancouver, mit unseren Multiple-Entry-Visa sollte das eigentlich klappen, dort einzureisen und Montag wieder hier auf kanadischem Boden zu landen.

40km bis zu Grenze, Welcome to the United States. Sechs Tankstellen, einen Supermarkt, riesige Postbox-Anlagen (die Kanadier bestellen hier günstige US-Waren), ein Bible-Camp und ein Häfchen, mehr hats hier nicht außer unserem süßen Lighthouse Marine Park Campground am Fjord. Den Leuchtturm gibt es schon lange nicht mehr…

Die Webseite www.PointRobertsnow.com zitiert eine Studie, nach der 80% aller Besucher hier maximal 15 Minuten bleiben. Nicht gerade Las Vegas — sind wir am langweiligsten Ort der USA gelandet?

Egal, hier ist‘s schön, vom Ufer aus wurden offenbar schonmal Orcas gesichtet (oder in der Werbeplakatversion: „Best point, to sea whales from land“) und es riecht nach Meer.
Statt Orcas gibt‘s erstmal Seehunde und Wasservögelchen und abends grandiosen Sonnenuntergang — es hätte uns wirklich schlimmer treffen können.

Zum Beispiel mit einem Anruf vom Warehouse am Flughafen, bei schlechtestem Telephonnetz aller Zeiten natürlich: Mr. Zhang informiert uns, daß der Zoll unsere Lieferung abgelehnt hat, ohne feste Adresse in Kanada geht da nix. Nicht ganz unrichtig geben wir ihm unsere kanadische Wohnanschrift, die von Volkswagen Barnaby…
Damit will Mr. Zhang sein (unser) Glück beim Zoll nocheinmal versuchen, das mit der Abholung am Wochenende können wir aber vergessen, für Privatkunden gelten die üblichen Bürozeiten, außerdem haben die Behörden langes Wochenende (da war doch was?), vor Dienstag geht da gar nichts.

Definitiv erneut Zeit für Frust und Ärger, drei Minuten reichen diesmal nicht, wir gönnen uns geschlagene fünf.

Termin bei Volkswagen auf kommenden Mittwoch verschoben, wir haben nochmal zwei Tage gewonnen. Die Globetrottels sind nun reich an Tagen in Vancouver-Region.