Der sich ständig verändernden Farbe des Sonnenuntergangs hinterher schmachten bis um halb zwölf nachts, so ging es gestern. Farbentaumelnd dann der kurzzeitige Gedanke: „Den Sonnenaufgang will ich auch sehen,“ weil Sonnenaufgangsseite, weil noch nicht verstanden, dass bereits hier die Tage um so viel länger sind. Ein Blick auf die App flüstert: Gerne. Sonnenaufgang um 4:22h. Ach, dann vielleicht lieber doch nicht…

Die Sonne brennt uns um halb acht aus den Federn. Angesagte 27 Grad im nördlichen Dänemark heißt „garen hinter grauen Zeltwänden schon vor acht“. Erster Kaffee im Morgensonnenschein mit Blick auf die Ostsee, während in den großen WoMos um uns herum noch wohltemperiert geschlummert wird.

Wir können uns mit dem Frühstück Zeit lassen bis elf. Erst dann müssen wir langsam in Richtung Fähre bummeln. Die Stena Jutlandica fährt erst zum Highnoon tutend und schäumend aus dem Hafen. Farwel Danmark. Du hast Dich für uns von Deiner wunderschönsten Seite gezeigt. Tak dafür.

Und dank Dir lernen wir heute obendrein, dass der Bulli nicht 2,05m hoch ist, sondern lediglich 1,98m. Den Aufpreis „Höhe bis 4m“ hätten wir uns also sparen können. Sadly no refund, sagt die Dame am Schalter. Aber immerhin ist das Wissen um seine wahre Größe Gold wert. Nicht nur beim Magicbus, sondern generell im Leben.

Bötchen fahren ist immer toll. Besonders, wenn das Meer ruhig und der Himmel strahlend ist. In den ersten zwei Stunden kundschaften wir das gesamte Schiff aus: Reling und Restaurant, Sun deck Bar und Shoppingmeile, Bistro und Passierservicepunkt, dystopischer Raucherbereich, Café und Relaxsessel.

Beim lecker Essen auf dem Sonnendeck kämpfen wir erst mit den Haaren, die nicht in den Mund sollen und dann mit einer Möwe, die nicht an den Burger darf. Die erste „Fika“ (schwedische Kaffeepause) wird mit blauem Ausblick (heute marine) und trockener Zimtschnecke zelebriert.

Im Duty free dieselen wir uns einmal von oben bis unten mit kostenlosem Parfum ein und kaufen dann zehn Pinnekes schwedischen Schnaps. Botten upp! Und dann kommt auch schon Göteborg mit seinen tausend vorgelagerten Inselchen in Sicht.

Die Einreise läuft zügig: Knattern und ab. Ganz anders als 2021, als wir das erste Mal hier waren und die Schweden einen hochaktuellen PCR-Test und Perso von uns sehen wollten – mit Maske. Oh baby, baby, how times are changing. Nur Göteborg war damals ganz genauso schön wie heute.

Unser erster Orientierungsstopp in diesem Land soll 40km südlich der Stadt sein: in Onsala, nahe dem Svängehallar-Fjärehals Naturreservat.

Weil es hier ruhiger ist und grüner, die Ostsee noch ums Eck, allerdings von der Sonnenuntergangsseite.

Auf Annikas grüner Wiese dürfen wir zwischen den Zelten stehen.

Passend, da der Magicbus kein Wohnmobil ist, sondern lediglich ein pupsnormales, altes Auto mit 1,98m Höhe (wie wir heute gelernt haben) und Dachzelt (das wussten wir schon länger). Es hat über eineinhalb Jahre gebraucht, bis wir es endlich begreifen: wir leben nicht in einem komfortablen WoMo, nicht mitten im stylischen „vanlife“. Wir schlafen momentan in einem ollen Auto, das kleiner als ein SUV ist.
Und kochen, lachen, essen und leben unter einem Himmelszelt, dem das Wissen um seine wahre Größe nie abhanden kam: Gold wert!