Freaks zum Frühstück.
Um 10 Uhr sind bereits alle im A´lie´Inn versammelt: vier nerdige Jungs in Ufo-Shirts, die sich beim ersten Kaffee des Tages darüber unterhalten, wo genau der Kipppunkt zwischen „angetrunken“ und „betrunken“ liegt, zwei grummelige Rachelaner an der Bar, die mit Wüstensand zwischen den Zähnen bestellen und wir – die wir soeben unsere erste Alientaufe hinter uns gebracht haben: Ömmes ohne Namen heißt jetzt „TF 23“, kurz: Tef.
Chouchou hat als extraterrestischer Pfarrer alles gegeben. Und das trotz Zahnschmerzen, die das einzige Manko der Nacht waren.

Nur mit schwerem Herzen verlassen wir diesen schrägen Ort mitten im Nichts. Ein Ort, an dem es sich herrlich normal fühlen lässt – mitten in all der Surrealität. Schon lange hat diese Reise nicht mehr eine solche Freude gemacht wie hier. In Nevada.

Die Wüste wird uns auch heute noch nicht los. Wir verstehen mittlerweile, dass es hier nicht mehr aufgeht in Highlights zu denken, denn jeder neue Tag toppt den vorherigen. Oder ist das nur unsere Wahrnehmung: immer euphorischer hochgepeitscht!? Und nur noch Zahnschmerzen, die am Boden halten – ansonsten würden die Globetrottels wohl gänzlich abheben.

Einsame Kühe trippeln über die open range, vereinzelte Kakteen tauchen in der Landschaft auf: neu.

Am einem einsamen, schwarzen Briefkasten halten wir das erste Mal: weil das ansonsten nur noch das außerirdische Amazon tut.

The black mailbox: ein schwarzer Briefkasten im windigen Kakteental.

Ufojünger glauben, dass man hier Nachrichten direkt nach outer space senden kann und stopfen ihre Briefchen in diese vereinsamte Box; eine Box, die ursprünglich eigentlich für Steve Medlins Liebesbriefe gedacht war.

Steve, ein Kuhfarmer aus der Gegend, war irgendwann so entnervt über all die schrägen Mitteilungen in seiner überquellenden Postbox, dass er aufgab und den schwarzen Briefkasten seinem extraterrestrischen Schicksal überließ. Ein neuer –irdischer– musste her: tiefer in der Seitenstraße zu seiner Ranch, dort, wo das außerirdische Amazon nicht mehr vorbei kommt. Leave the black one for the aliens.

Seitdem wird das dunkle Kästchen am Highwax nur noch von langen, silbernen Trommelschlegelfingern geleert und ganz selten heißt es: return to sender. Und Steve bekommt seine Liebesbriefe endlich, ohne erst stundenlang im schrägen Kokolores wühlen zu müssen, in der Seitenstraße.

Nächster irdischer Halt: das Alien Research Center kurz vor Alamo.
Hier endet auch unser ET-Highway – unter dem strengen Blick eines überdimensionierten Außerirdischens.

Wir plumpsen hinein und finden –statt wissenschaftlichen Forschungsergebnissen– eine Auswahl der geschmacklosesten Aliensouvenirs, die der chinesische Markt so hergeben kann. Dies alles präsentiert von einer beleibten, mürrischen und imposant amimischen Lady, die uns an der Kasse ihr großes Herz ausschüttet. Die zwei T-Shirts kaufen wir nun noch lieber, nur der ET-Tequila bleibt uns etwas zu teuer.

Am Upper Pahranagat Lake dürfen wir heute Nacht bleiben: mal wieder kostenlos und mit Seeblick.
Ein heißer Wüstenwind zerrt heftig an der Plane, die wegen des Sonnenstandes keinen Schutz bietet – und wir finden es ganz wunderbar.

Restekochen im Wind: es gibt kalten Bohnensalat mit Ei. Ein Sommergericht, das besser schmeckt als es klingt, nette Salamander flitzen vorbei und ein Vogel in rot.

Erste Recherche für den morgigen Stopp im Schatten hinterm Magicbus. Marian –die ehrenamtliche Betreuerin des Camps—kommt auf ihrem E-Bike vorbeigeradelt und flötet, dass wir auf Meteorenschauer achten müssen. Nach sechs, wenn die Sonne untergangen ist. Have a beautiful night.
Another beautiful night in Nevada. Und die Grillen singen schon…